Musikfilme 2012

UNERHÖRT! Musikfilmfestival Hamburg

A Day With Tortoise

Im März 2011 hatten die amerikanischen Post-Rocker von TORTOISE einen Auftritt in Santiago de Chile. Nicht einmal 24 Stunden blieben sie im Land – trotzdem entstand ein sehr konzentrierter und stilsicherer Konzertfilm. Zwischen den performten Songs sind hypnotisch-schöne Landschaftsaufnahmen zu sehen, dazu hört man Fetzen von Selbstauskünften der Bandmitglieder.

Sergio Castro San Martin
CHILE I 2011 I 60 Minuten
Beats, Rhymes & Life: The Travels Of A TRIBE CALLED QUEST

Hollywood-Schauspieler trifft auf HipHop-Legende: Michel Papaport (u.a. „Prison Break“) vollzieht den Weg von A TRIBE CALLED QUEST von ihren Anfängen bis zu späten Reunion-Versuchen nach. Heraus kommt eine Bandbiographie, die liebevoll und schonungslos die ausführlich und zugleich spannend, die einfach REAL ist!

Michael Rapaport
USA I 2011 I 98 Minuten
Children of Inkisi – Musical Rushes

Der kongolesische Regisseur und Produzent Gilbert-Ndunga Nsangata und der kolumbianische Produzent und Kameramann Gabriel Amdur operieren mit ihrer gemeinsamen Firma TALATALA von Barcelona aus – so sieht engagierte Medienarbeit im globalen Zeitalter aus.
Seit mehreren Jahren drehen die beiden an einer Langzeitbeobachtung über Straßenkinder in der Kleinstadt Inkisi in der Demokratischen Republik Kongo (180 km südwestlich von der Hauptstadt Kinshasa, an der Grenze zu Angola). Eine 50-minütige Fassung mit dem Titel NINOS DE INKISI / CHILDREN OF INKISI erzählt die Geschichte von Blanchard, Chagui, John, Mambueni und Chance, die auf der Hauptstraße von Inkisi, der Rue Prince leben.

Gilbert-Ndunga Nsangata/Gabriel Amdur
COD/ESP I 5 Minuten
Das Lied Der Dinge  Vier Konzerte Und Ein Piano Mit Helmut Bieler-Wendt

Der Komponist und Musikpädagoge Helmut Bieler-Wendt wird bei vier seiner Raum-/Klang-Erkundungen begleitet. Geräusche bekommen Bilder und werden auf mehreren Spuren zu Strukturen. Zwischen die Ortsbegehungen setzt ZKM-Absolvent Menrad Sequenzen einer Auseinandersetzung Bieler-Wendts mit einem Flügel vor schwarzem, Raum-verschluckendem Hintergrund.

Nils Menrad
DE I 2011 I 51 Minuten
Die Taktstürmer

DIE TAKTSTÜRMER, das sind drei unbekannte Musiker aus Berlin (sie könnten auch aus jeder anderen Stadt kommen). Getrieben von ihrem Traum, wagen sie den schwierigen Weg ins professionelle Popgeschäft – auf ihre Weise. Ihre unterschiedlichen Lebensphasen offenbaren persönliche, komisch-tragische Einblicke in den Alltag „normaler“ Musiker in Deutschland. Schon bald trifft der Durchsetzungswille jedes einzelnen Künstlers auf die harte Lebensrealität unserer Gesellschaft, in der man alles werden kann – sofern man es schafft.

Nico Sommer
DE I 2011 I 88 Minuten
E Dreda Ser Angolano

Das Szene-Aktivisten-Kollektiv Radio Fazuma macht eine fiktive Radiosendung über die sehr realen Verhältnisse in seinem Revier, Angolas Hauptstadt Luanda. Ausgehend vom lokalen Conscious Rap und dem hier vorherrschenden Global Gettotech-Sound Kuduro, greift der Film ein Spektrum vitaler Äußerungsformen ab, mit überraschend inniger Beziehung zu durchgeknallter Lyrik. Auf diese Weise kriegt er den ganz alltäglichen Wahnsinn einer urbanen Region anschaulich gemacht, deren Kontraste zwischen Elendsvierteln ohne Elektrizität und Bezirken mit den weltweit teuersten Immobilienpreisen schwanken.

Radio Fazuma
ANG/ POR I 2009 I 65 Minuten
Fritz Hauser_Klangwerker

Eine Reise in die musikalische Welt von Fritz Hauser. Wir sehen den Schlagzeuger, Performer, Komponisten und Klangforscher im kreativen Prozess dreier Projekte: 1) Solo bei Proben mit der Regisseurin Barbara Frey; 2) im Radiostudio von DRS 2 bei der Entwicklung eines musikalischen Hörspieles; 3) auf der großen Bühne mit der Tanzkompanie Heddy Maalem, wo Hausers Schaben, Kratzen, Wischen, Schleifen, Reiben, Bürsten den Resonanzraum für junge Tänzer und Tänzerinnen aus aller Welt bildet.

Erich Busslinger
CH I 2011 I 61 Minuten
Lagos – Notes Of A City

Regisseur Wenkel hat drei Jahre lang für „Ärzte ohne Grenzen“ in Lagos gearbeitet. Gemeinsam mit DEFA-DOK-Kameramann Plenert beschreibt er typisches Leben in der Megacity quer durch alle soziale Schichten. Kein Musikfilm im strengen Sinn, und doch zieht sich das Erbe Fela Kutis wie ein roter Faden durch den gesamten Film. Kutis Afrobeat bleibt untrennbar verbunden mit dem Anprangern von Missständen.

Jens Wenkel
DE I 2011 I 93 Minuten
Let England Shake

Reportagefotograf Seamus Murphy illustriert die zwölf Songs von PJ Harveys letztem Album gleichen Namens von 2011. Anfänglich baut sich eine Stimmung melancholisch-trotzigen Patriotismus auf. Mit fortschreitender Dauer öffnet sich der Blick, wird das Weltbild komplizierter, bis einen am Ende das Gefühl beschleicht, eine ziemlich passende Beschreibung globaler Zustände in Zeiten von Kriegen erlebt zu haben – nicht nur durch Murphys Bilder, sondern auch durch die Musik der Polly Jean Harvey.

Seamus Murphy
UK I 2011 I 52 Minuten
Offenes Atelier: Mary Bauermeister

In Mary Bauermeisters Kölner Atelier versammelte sich von 1960 bis 1962 die Avantgarde der internationalen Kunst- und Musikszene. Karlheinz Stockhausen, Hans G Helms, David Tudor, John Cage, Christo, George Brecht und Nam June Paik veranstalteten damals auf ihre Einladung hin unkonventionelle Konzerte „neuester Musik“, Lesungen, Ausstellungen und Aktionen. Mary Bauermeisters Prä-Fluxus-Aktivitäten trugen erheblich zur Entwicklung der Kölner Kunstszene bei. Die Künstlerin, die ab 1962 in New York ihren internationalen Durchbruch erlebte, heiratete 1967 den weltbekannten Komponisten und Theoretiker der Neuen Musik, Karlheinz Stockhausen (mit ihm und seiner ersten Frau Doris lebte sie zuvor mehrere Jahre in einem „ménage à trois“…).

Katarina Stankovic
DE I 2011 I 47 Minuten
Ornette: Made in America

Porträt des Freejazz-Pioniers Ornette Coleman durch die Independant Cinema-Ikone Shirley Clarke, deren letzter Film nicht nur einen extrem eigenständigen Künstler nahebringt, sondern in seiner Machart selbst ein Manifest für die schöpferische Freiheit ist. Wir sehen eine brandneue 35mm-Kopie, nachdem der Film im Auftrag von MILESTONE frisch restauriert wurde. (Das New Yorker DVD-Label kümmert sich seit 1990 rührend um Wiederveröffentlichungen des unabhängigen -insbesondere amerikanischen- Kinos.)

Shirley Clarke
USA I 1988 I 77 Minuten
Sack Über Kopf Nach China

Uwe Bastiansen, Hamburger Punk-Urgestein, ex-Abwärts, jetzt u.a. Stadtfisch-Kopf u.v.m., war 2010 auf China-Reise. Mit teils geplanten und vielen spontanen (Musik-)Performances hat er sich um die deutsch-chinesische Freundschaft verdient gemacht – Bilderbogen einer liebevollen Konfrontation.

Uwe Bastiansen
DE I 2010 I 15 Minuten
Sog Nit Keinmal – Chinese Music In The Global Age

„Wollt ihr wissen, ob ein Land wohl regiert und gut gesittet sei, so hört seine Musik.“ Also sprach Meister Kong vor 2500 Jahren, den wir als Konfuzius kennen. Wie aber ist es ums Reich der Mitte bestellt? Mit dieser Frage hat sich Sebastian Brunnlechner auseinandergesetzt. Der Philosophie- und Sinologiestudent nutzte einen einjährigen Studienaufenthalt in China, um Kontakte zur dortigen Musikszene zu knüpfen.

S. Brunnlechner/ A. Dalferth/ P. Schmincke/ H. Weil
DE/CH I 2011 I 81 Minuten
The Ballad Of Genesis And Lady Jaye

Ein Film über Genesis Breyer P-Orridge, bekannt durch Throbbing Gristle und Psychic TV, und seine Lebens- und Arbeitspartnerin Lady Jaye (geboren als Jacqueline Breyer). Man mag einen Film über die Geschichte der Industrial Music erwarten, über Genesis als Bindeglied zwischen Pre- und Postpunk-Ära, über den Underground seit den 1970er Jahren. Das ist er auch, aber erzählt aus der Perspektive einer großen romantischen Liebe, die in den 1990er Jahren ihren Anfang nahm. Genesis und Lady Jaye beginnen durch Operationen eins zu werden, ein Drittes, ein Pandrogyn.

Marie Losier
USA/FRA I 2011 I 75 Minuten
The Feral Voice

 

Der Vokalkünstler Phil Minton besucht den Feral Choir in Köln. „Feral“ bedeutet „ausgewildert“ auf Englisch, hier geht es um die Befreiung der Stimme, also auch des Ohrs.

Pavel Borodin
DE I 2012 I 18 Minuten
Yangon Calling

 

Es gibt sie, die Punks von Yangon, ehemals Rangun, der Hauptstadt Myanmars, ehemals Burma. Wer sich wegen inflationärer Bezugnahmen in den letzten Jahren nicht mehr vorstellen kann, was Punk-Attitude mit Widerstand zu tun hat, wird hier schnell wieder daran erinnert. Der radikal-individualistische Mittelfinger stellt die Verhältnisse in einem Land, das sich gerade ein politisches Tauwetter erlebt, auf eine harte Probe.

Alexander Dluzak/ Carsten Piefke
DE I 2012 I 65 Minuten